Gute Nachrichten – der Energieverbrauch (nicht nur Strom) ist weiter gesunken. Das Thema wurde nach dem ersten Coronajahr bereits in einem separaten Artikel beschrieben, der Trend hat sich allerdings verstetigt. Die AG Energiebilanzen hat für …
Im Januar 2021 gab es einige Rückblicke in den Medien, die bisher erschienene Artikel inhaltlich tangieren, daher hier ein kurzes Update: Windenergie Onshore Am 28.01.2021 schreibt die Welt, dass die Windkraftbranche bereits vor Inkrafttreten des …
Der große Sektor HEIZEN im Primärenergieverbrauch hat gerade durch den bdew einige neue Zahlen erhalten. Ich habe diese genommen und um eine Prognose für 2025 (manuelle Interpolation) und 2030 (Wunschdenken) ergänzt. Daraus ergibt sich natürlich …
Um eine Faktenbasis für Ausbauszenarien zu beschreiben anbei eine Tabelle der in Betrieb befindlichen Offshore-Windparks in der deutschen Nord- und Ostsee. Name Inbetrieb-nahme Leistung pro Anlage (MW) Anzahl Gesamt (MW) Alpha Ventus 2010 5 12 …
Das gut gepflegte Dogma „Wir zahlen dem Ausland Geld dafür, dass sie unseren Ökostrom verbrauchen“ wird jetzt mal geprüft. Anlass ist ein Beitrag des sehr aktiven iwd („Inflexibilität kostet“), in dem die steigende Anzahl der …
Gute Nachrichten – der Energieverbrauch (nicht nur Strom) ist weiter gesunken. Das Thema wurde nach dem ersten Coronajahr bereits in einem separaten Artikel beschrieben, der Trend hat sich allerdings verstetigt.
Die AG Energiebilanzen hat für 2021 einen Energieverbrauch von 11.894 PJ ausgewiesen. In diesem dürfte weiterhin ein Corona-Effekt enthalten sein, aber er ist wohl schwächer geworden. Der interpolierte Trend lag bei ca. -1,4% pro Jahr ab 2016, vor 2015 ca. -0,8% pro Jahr.
Für das erste Halbjahr 2022 weist die AG sogar einen Rückgang von nochmals -3,5% (in absoluten Zahlen 5.950 PJ) gegenüber dem ersten Halbjahr 2021 aus. Begründet wird das vorrangig mit Einspareffekten aufgrund steigender Energiepreise (ohne quantitative Angabe) und günstigen Wetterdaten (-3%). Bei 1,5% Wirtschaftswachstum müssen die Einspareffekte aufgrund Preis und Effizienzgewinnen bei ca. 2% gewesen sein. In Anbetracht des Zuwachses von +60% beim Flugkerosin und der weitestgehenden Normalisierung des Wirtschaftslebens, sind diese Daten erstaunlich.
Seit 2019 hat sich der Verbrauch also von um ca. 7% reduziert, sodass die Energieeinsparung scheinbar weiterhin an Fahrt gewinnt.
Die wesentlichen Erfolgsfaktoren zum Gelingen der Energiewende bleiben
(1) Effizienzgewinne/Einsparungen durch
(2) Sektorkopplung und
(3) maximalen Ausbau der EE-Erzeugungskapazitäten.
Nachfolgend die Vergrößerung der entsprechenden Grafik, für 2021 und 2022 erweitert:
Im Januar 2021 gab es einige Rückblicke in den Medien, die bisher erschienene Artikel inhaltlich tangieren, daher hier ein kurzes Update:
Windenergie Onshore
Am 28.01.2021 schreibt die Welt, dass die Windkraftbranche bereits vor Inkrafttreten des EEG 2021 die Talsohle durchschritten hat und sinngemäß das Geld verschwendet wird. Tatsächlich liefert die Seite auch eine anschauliche Grafik zum Thema, vergisst aber die Einordnung.
So werden im Artikel die Jahre 2016 und 2017 als Vorzieheffekte „entschuldigt“. Tatsächlich zeigt die Grafik eigentlich, dass von 2014 bis 2017 der Ausbau ernsthaft voran ging und auch das Repowering einen guten Beitrag leistete. Danach kam ein unverzeihlicher Einbruch infolge der Ausschreibungsverfahren, von dem sich die Ausbauziele und, viel schlimmer, die Zielsetzungen bis heute nicht erholt haben.
Das genannte Ausbauziel von 1,5 GW pro Jahr ist absolut unzureichend und zementiert die verfehlte Politik der letzten Jahre, die entsprechenden roten Ergänzungen in nachfolgender Grafik sollen das noch einmal hervorheben.
Das Doppelte dessen wäre eine angemessene Zielmarke, welche an die Flächenprobleme und juristische Hürden angepasst ist. Und das reicht auch nur, wenn dafür der Offshore-Bereich deutlich dynamischer wächst, wovon er aktuell meilenweit entfernt ist.
Übrigens: China meldete gerade einen Neubau von 45GW für das letzte Jahr, Tendenz steigend. Das entspricht pro Kopf auch knapp dem Doppelten…
Dunkelflaute
In meiner Abschätzung zur Speichergröße bei Duntelflaute hatte ich mir den 23.01. als schwächsten Tag der EE-Erzeugung ausgewählt. Dort hat mich die Realität eingeholt, es gab jetzt mehrere schlechtere Einzeltage.
Die wiederum könnte man mittels 5% mehr Speicher wohl auffangen. Das eigentliche Problem liegt in den Nachbartagen, die ebenfalls extrem schwach waren. Vom 26.11. bis 02.12. hat man sogar eine zusammenhängende Woche mit überwiegend sehr schlechten Tagen.
Das Speicher- & Reservekonzept braucht also nochmal eine inhaltliche Überarbeitung mit konkreten Tageslastgängen.
EE-Rekord 2020 mit >50% Stromzeugung!
Eine besonders erfreuliche Meldung war die Hochrechnung von Agora + Ember, dass 2020 Wind & Sonne (38%) in der EU erstmals mehr Strom erzeugt haben als Kohle & Gas (37%).
Man stellt aber auch dort fest, dass die Anstrengungen beim Zubau ungefähr halb so hoch sind wie nötig
Nun aber zur Situation in Deutschland: Hier sind erstmals die 50% Strom aus Erneuerbaren Energien geknackt worden, genauer: ca. 50.7% der Nettostromerzeugung. Seit August ist damit der Wert um dreieinhalb Prozentpunkte gesunken, was aber auch an einem auslaufenden Corona-Effekt im zweiten Halbjahr liegt. Seit August war der Stromverbrauch annähernd auf Vorjahresniveau.
Im Jahresvergleich sieht man übrigens einen Rückgang des Stromverbrauchs um etwa 5%, was vor allem zu Lasten der Kohlkraftwerke ging. Der Primärenergieverbrauch sank laut AG Energiebilanzen gar um 8,6% (Halbjahresstand war hier 8,8% und die Gesamtjahresprognose lief bei 7-12%) gegenüber einem statistischen Erwartungswert von ca.1,4%. Zwar hat die Braunkohle einen Teil ihrer massiven Verluste des ersten Halbjahrs noch auffangen können, ist aber auf dem verdienten Weg in die Bedeutungslosigkeit.
Der Stand der Erneuerbaren Energien liegt beim Primärenergieverbrauch 2020 bei 16,8% (Vorjahr 14,9%).
HGÜ nach Norwegen steht
Lange ist sie gebaut worden, nun ist sie endlich in Betrieb – die Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ) NordLink von Deutschland nach Norwegen. Sie hat mit einer Kapazität von 1,4 GW die Möglichkeit, etwa 2% des gesamten deutschen Strombedarfs zu decken, wenn es hier zu einer Unterversorgung (siehe oben) kommen sollte. Umgedreht ist in heißen Sommerwochen das Angebot an Solarstrom bei uns hoch und das Angebot an Wasserkraft und Wind in Norwegen geringer, sodass die Leitung in der anderen Richtung arbeiten kann.
Norwegen hat europaweit mit Abstand die höchsten ungenutzten Potentiale für neue Wasserkraftwerke und Pumpspeicher an bestehenden natürlichen Wasserreservoirs. Diese werden aus naturschutzpolitischen Gründen nur sehr zaghaft erschlossen. Allerdings wird die Windkraft am Atlantik massive ausgebaut, sodass die Wasserkraftwerke statt der bislang fokussierten Grundlast zukünftig viel mehr Regellast liefern können. Dafür braucht es eine sanfte Erhöhung der Turbinenleistung und fertig ist Europas einzigartiger Öko-Stromspeicher.
Seit über 10 Jahren in Betrieb ist das niederländische Pendant dazu mit halber Leistung und hinzukommen soll mit GerLink ein Zwilling zu NordLink mit ebenfalls 1,4 GW. Die Hochspannungsnetze zwischen Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen werden ebenfalls gestärkt, sodass Skandinavien einen erheblichen Beitrag zur europäischen Energiewende leisten wird.
Der große Sektor HEIZEN im Primärenergieverbrauch hat gerade durch den bdew einige neue Zahlen erhalten. Ich habe diese genommen und um eine Prognose für 2025 (manuelle Interpolation) und 2030 (Wunschdenken) ergänzt.
Daraus ergibt sich natürlich eine langfristige Veränderung des Bestands, den ich mal für 20 Jahre Prognosezeitraum abschätzen will. Quelle des Bestands ist wieder der bdew, Prognose ist anhand obiger Daten geschätzt.
Um eine Faktenbasis für Ausbauszenarien zu beschreiben anbei eine Tabelle der in Betrieb befindlichen Offshore-Windparks in der deutschen Nord- und Ostsee.
Name
Inbetrieb- nahme
Leistung pro Anlage (MW)
Anzahl
Gesamt (MW)
Alpha Ventus
2010
5
12
60,0
Baltic 1
2011
2,3
21
48,3
Bard 1
2013
5
80
400
Riffgat
2013
3,6
30
108
Meerwind
2014
3,6
80
288
Dan Tysk
2014
3,6
80
288
Baltic 2
2015
3,6
80
288
Nordsee Ost
2015
6,1
48
295
Trianel Borkum 1
2015
5
40
200
Butendiek
2015
3,6
80
288
Global Tech 1
2015
5
80
400
Amrumbank West
2015
3,6
80
288
Borkum Riffgrund 1
2015
4
78
312
Gode Wind 1
2017
6
55
330
Gode Wind 2
2017
6
42
252
Sandbank
2017
4
72
288
Veja Mate
2017
6,2
67
402
Nordsee One
2017
6,1
54
332
Nordergründe
2017
6,2
18
111
Wikinger
2018
5
70
350
Borkum Riffgrund 2
2018
8
56
450
Arkona
2018
6,4
60
385
Merkur
2019
6
66
396
Hohe See
2019
7
71
497
Albatros
2019
7
16
112
Deutsche Bucht
2020
8,1
31
252
Trianel Borkum 2
2020
6,2
32
198,4
In Planung / Bau:
Global Tech Erweiterung
5
240
1.200
Borkum Riffgrund 3
11
82
902
He dreiht
900
Gode Wind 3
11
22
242
Baltic Eagle
9,5
52
494
Wikinger Süd
10
Arcadis Ost 1
9,5
27
256,5
Kaskasi
9
38
342
Man sieht an obiger Tabelle, dass 3,1 – 4,3 GW in Planung sind (Global Tech Erweiterung scheint mit einem Fragezeichen versehen zu sein). Alle sollen bis 2025 in Betrieb sein. Das von Altmaier prognostizierte Ausbauziel von 12 GW bis 2030 erscheint hier kongruent zu sein – die eigentlich notwendige Größenordnung von ca. 70 GW liegt allerdings um den Faktor 20 darüber.
Dabei schlummert in den zuerst gebauten Offshore-Anlagen ein riesiges Potential, denn die seinerzeit eingesetzten Leistungen pro Windkraftanlage sind heute bei weitem überboten. Ein Repowering an dafür geeigneten Standorten innerhalb der nächsten 10 Jahre brächte ein erhebliches Steigerungspotential.
Das gut gepflegte Dogma „Wir zahlen dem Ausland Geld dafür, dass sie unseren Ökostrom verbrauchen“ wird jetzt mal geprüft. Anlass ist ein Beitrag des sehr aktiven iwd („Inflexibilität kostet“), in dem die steigende Anzahl der Stunden mit negativem Börsenstrompreis dargestellt sind.
Fairerweise muss man sagen, dass das iwd korrekt darstellt, dass es ein Zusammenspiel zwischen hoher Einspeisung an Erneuerbaren Energien (im Beispiel vor allem Wind) und fehlender Flexibilität der konventionellen Kraftwerke ist.
Trotz laut iwd steigender Zahlen der Jahresstunden mit negativem Börsenstrompreis wird das Problem aber insgesamt kleiner, denn der Exportüberschuss geht die letzten Jahre zurück.
Da das vom iwd gewählt Beispiel mit dem 16.Februar 2020 einen Extremfall darstellt, hab ich den mal durchgerechnet und er dient als worst-case-Scenario.
211 Stunden sind laut iwd die Strompreise im Jahr negativ und obwohl nicht immer in dieser Zeit Strom exportiert wird, nehmen wir das mal als Grundlage. Im berechneten Beispiel werden 4 Mio. € für 30 Stunden überschüssigen Strom an Ausländische Netzbetreiber bezahlt. Macht für 211 Stunden als ca. 28 Mio. € jährlich.
28 Mio. €, die dafür gezahlt werden, dass andere Länder ihre Kraftwerke runterfahren und stattdessen „unseren“ Strom verbrauchen oder aber ihre Pumpspeicher füllen. Man könnte sagen, es ist eine Klima-Entwicklungshilfe für unsere europäischen Nachbarn.
Diese 28 Mio. € müssten wir nicht verschenken, wenn wir nicht so unflexible Kohle- und Atomkraftwerke hätten und die Leistung hätten stärker zurückfahren können. Die 28 Mio. € müssten wir auch nicht verschenken, wenn es in Deutschland genügend Pumpspeicher und Batteriespeicher gäbe, die man mit den 360 GWh hätte füllen können.
Andererseits sprechen wir hier von einem worst-case. Die Hochrechnung von 28 Mio. € hätte im schlimmsten Fall also auch die 7-fache Strommenge = 2,5 GWh zur Folge. Das wiederum entspräche 0,5% des gesamten Stromerzeugung in Deutschland. Und das wiederum ist eine sehr kleine Zahl, was es zu einem sehr kleinen Problem macht.
Update 23.10.2020: Ich habe gerade in der Jahrespublikation des FSE eine schöne Statistik gefunden, die nochmal eine gute Einordnung der Zahlen gibt. Zur Erinnerung: Dem kostenfrei verschenkten Überschussstrom wurden 28 Mio. € hinterher geworfen, also ca. 1% der Stromexporterlöse.
Um 12 GW installierte Leistung sollen die Offshore-Erzeugungskapazitäten bis 2030 steigen. Dazu wird gerade das Windenergie-auf-See-Gesetz verfasst.
Offshore ist natürlich gut, weil deutlich mehr Laststunden pro Jahr gefahren werden können, die Flauten nicht so eklatant sind wie an Land und sich kein Anwohner beschwert. Zudem sind die Preise aufgrund gestiegener Erfahrungen in den letzten Jahren gesunken – so haben die Hersteller gemerkt, dass die Kostentreiber Fundament/Verankerung auch deutlich kleiner dimensioniert werden können.
Aber was sind die 12 GW wert? Ist das viel oder wenig – ist es ambitioniert oder sogar genug?
In meinem letzten Blog-Beitrag habe ich eine Vision 2030 aufgeschrieben, die ja zufällig den gleichen Zeitrahmen als Bezug nimmt. In meiner Beispielrechnung hatte ich bereits aufgezeigt, dass wir für eine Primärenergiewende ca. +300% Windenergieerzeugung brauchen. Jedoch unter der Prämisse, dass an Land nur noch überschaubare neue Standort hinzukommen werden und dort vor allem Repowering einen Beitrag leisten wird. Den Löwenanteil muss als die bisher nicht so starke Offshore-Erzeugung bringen. Da Offshore durchschnittlich den doppelten Ertrag bei gleicher Größe bringt und dazu größere Anlagen gebaut werden, ersetzt auch ein WKA auf See durchaus 3-5 konventionelle WKA an Land.
Wer die Größenordnungen abschätzt, sieht in meinem Diagramm, dass die Offshore-Kapazitäten von heute 7,74 GW um ungefähr 70 GW steigen müssten. Altmaiers angeblich ambitionierten Pläne decken also 12/70= 17% dessen ab, was notwendig wäre, wenn man bis 2030 die (Primär)-Energiewende ernsthaft erreichen wöllte.
Herr Altmaier, dieses Ausbauziel ist lächerlich. Es bleibt sogar hinter den bereits erreichten Zahlen der letzten Jahre zurück. Das ist aktives Ausbremsen der Energiewende.
Beim Blick auf die installierten Kraftwerkskapazitäten fällt auf, dass beispielsweise im Jahr 2010 die Gaskraftwerke eine Maximallast von über 24 GW gefahren sind – das entsprach damals im Wesentlichen auch der installierten Maximalleistung. Sie wurden also zumindest stundenweise zu fast 100% ausgelastet.
Die Situation 2020 stellt sich ganz anders dar: Zwar ist die installiere Maximalleistung auf ca. 30 GW gestiegen, aber die Maximallast liegt wie auch die letzten Jahre nicht höher als 11,5 GW. Zwar haben sich in den letzten 2 Jahren die Arbeitsstunden aufgrund steigender CO2-Zertifikatspreise und fallender Gaspreise zu Lasten der dreckigeren Kohlkraftwerke erhöht – aber von Maximallast sind die Gaskraftwerke meilenweit entfernt.
Das heißt, wir haben aktuell einen Erzeugerpuffer von ca. 18 GW, den wir seit Jahren nicht nutzen.
Was brauchen wir denn eigentlich an Leistung aus Energiespeichern?
Beispielrechnung:
An schlechten Tagen (dunkel, windstill, wenig Wasser zur Stromerzeugung) haben wir mit Biomasse, Wasserkraft und Restwind ca. 7GW.
Hinzu kommen oben genannte 30 GW über Gaskraftwerke.
Der inländische Netto-Bedarf liegt in exportbereinigten Spitzen bei max. 74 GW – wie es der Zufall will, also bei genau dem doppelten der verfügbaren Last im worst-case.
Zur Verfügung stehen in den morgendlichen und abendlichen Spitzen vor&nach Sonnenuntergang maximal (laut Einzeldaten bei wikipedia ca. 6,5 GW, laut energy-charts ca. 9,8 GW) Pumpspeicher, die jedoch in der Praxis scheinbar nicht mehr als 6 GW belastet werden.
Es gibt eine umfangreiche Liste von 11 in Planung befindlichen Anlagen (ca. 3,2 GW) sowie 9 aufgegebene Projekte mit 5,5 GW. Diese ca. 8,7 GW könnten trotz aller Eingriffe in Naturräume also bereits ein knappes Viertel der benötigten Energiespeicher stellen.
EXKURS neue Pumspeicherwerke
Hinzu kommen noch nicht projektierte Pumpspeicherwerke unter Einbeziehung bestehender kleiner Wasserkraftwerke an Talsperren (die ohnehin bereits gebaut sind). So ließe sich mit überschaubarem Aufwand für ein vergleichsweise kleines zweites Becken eine variable Kapazität von einigen GW erzeugen. Im Erzgebirge beispielsweise haben alle bestehenden Talsperren in unmittelbarer Nähe geeignete Standorte für ein zweites Becken mit oftmals >200m Höhendifferenz – aber keines davon hat bislang ein Pumpspeicherwerk. Das betrifft mindestens 20 Talsperren – selbst mit kleinen 0,1 GW pro Anlage wären so 2 GW möglich. In den potentialreicheren Bundesländern Bayern, BaWü, Thüringen, Rheinl.Pf., Hessen, Saarland dürften insgesamt 20 GW zusammenkommen (in Gesamtrechnung NICHT inkludiert).
Diese Speicher brauchen aber natürlich eine Chance, neben einer solaren Aufladung tagsüber auch nachts wieder gefüllt zu werden. Und obwohl eine Dunkelflaute in der Realität längst nicht so ausgeprägt vorkommt wie von den Angstmachern propagiert, rechnen wir mal eine durch:
In den Nachtstunden brauchen wir 52-55 GW von 24-4 Uhr und in den Stunden davor und danach gehen die Verbräuche sehr schnell hoch bzw. runter. In Summe sollte eine Erzeugerkapazität von 60 GW aber ausreichen, um alle Speicher wieder zu füllen. Obige 30 GW + 7 GW vorhandene Leistung abgezogen, ergibt sich ein Bedarf von zusätzlichen 23 GW neuen Gaskraftwerken oder importierter bzw. elektrisch gespeicherter Strom in Höhe von 150 GWh. Zum Vergleich: Das entspricht ca. 3.000.000 ausrangierter Tesla Model S Akkus.
Wie lange herrscht eigentlich Dunkelflaute? Obiger Worst-Case von nur 7 GW Restlast tritt nur stundenweise auf.
Der 23.01.2020 war mit Abstand der schlimmste Tag diesen Jahres mit nur 20,1% regenerativ erzeugter Energie. Die Tage davor und danach lagen mindestens 30% höher, also bei über 26%. Es hätte dabei ausgereicht, einen Akkupuffer von ca. 70 GWh zu haben, und zusätzliche Gaskraftwerke von 10 GW Leistung. Damit ist zumindest die Dunkelflaute im Strommarkt mal überstanden.
Kommen die Implikationen aus der Primärenergiewende hinzu: An solchen Tagen kann natürlich keine P2x Anlage laufen, Elektrofahrzeuge werden nur so wenig geladen wie nötig (aber der Verbrauch läge trotzdem bei ca. 200-300 GWh), Wärmeverbraucher müssen weitestgehend aus einem Puffer oder mittels Spitzenlastkessel arbeiten (wöllten aber in der Dunkelfaute ohne Zusatzfeuerung eigentlich auch 500-1.000 GWh Strom haben).
Das heißt, wir brauchen für solche Extremfälle eine Erdgas-Erzeugungsreserve von nochmal ca. 20 GW zusätzlich zur Deckung der Dunkelflaute im Strommarkt. Insgesamt also 30 GW mehr und damit eine Verdopplung zu heute. Und die elektrischen Speicher von >100 GWh sind auch eine gute Idee.
Fazit:
Wir brauchen Ersatzkraftwerke für den Notfall:
Alle in Planung befindlichen Pumpspeicherwerke, alle verworfenen Pumpspeicherwerke und am besten noch einige der potentiell neuen Standorte bzw. ein Repowering bestehender Wasserkraftwerke, um Spitzenlast statt Grundlast zu liefern.
In Abhängigkeit des Erfolgs der Wasserkraftspeicher braucht es eine Verdopplung unser Gaskraftwerkparks (+ 30 GW) und ein Batteriespeicher in Größenordnung von 2 Mio. ausgedienten (großen) PKW-Akkus.
Dafür können wir alle anderen konventionellen Kraftwerke stilllegen:
Eines der Lieblingswörter der Energiewendeskeptiker ist der Zappelstrom. Diskreditiert werden soll damit der typische Tageslastgang der Solarerzeugung und die fluktuierende Windstromerzeugung.
In einem alten Beitrag zur Energiewirtschaft las ich kürzlich dem Begriff des Zappelverbrauchs, über den sich die konventionellen Betreiber aufregten lange bevor die Erneuerbaren Energien ihren Durchbruch hatten. Man war gezwungen, die geldspuckenden Kraftwerke statt mit dauerhafter Grundlast mit lastabhängigen Profilen zu fahren, weil der Verbraucher tatsächlich nachts weniger Strom verbrauchen wollte.
Gerüchten zufolge ist das auch der eigentliche Grund für Belgiens beleuchtete Autobahnen – zuverlässige Stromabnehmer für die Nachtstunden zu schaffen, damit die AKW konstanter durchlaufen können. Mit Blick auf die Größenrelationen sind zumindest Zweifel angebracht: Ca. 250 GWh müsste die Stromrechnung pro Jahr gewesen sein (mit Daten aus dem Jahr 2011, denn seitdem wurde viel auf LED umgestellt), die Erzeugung der 7 Reaktorblöcke müsste bei ca. 50.000 GWh im Jahr liegen. Selbst wenn wir nur die nachfrageschwachen Nachtstunden mit 6h ansetzen, macht die Abnahme der Autobahnbeleuchtung lediglich weniger als 250/12.500 = 2% der Nachtproduktion aus. Wieder ein Mythos aufgelöst.
Ein Relikt aus dieser Zeit sind die in entsprechenden Fachzeitschriften (z.B. BWK Energie) erscheinenden Hitlisten der meisten Kraftwerks-Volllaststunden. Dort fanden sich regelmäßig viele deutsche AKW-Blöcke mit Werten nahe an den 8.760 theoretisch möglichen Vollaststunden pro Jahr. Ein Zeichen zuverlässiger deutscher Ingenieurskunst.
Nun hat sich vor einigen Jahren die Schlagrichtung geändert: Nicht die zappelnde Nachfrage ist der Gegner, sondern die zappelnden Erzeuger Erneuerbarer Energie. Dabei bietet ein in 2 Richtungen volatiler Markt neben Problemen natürlich auch Platz für neue Geschäftsmodelle mit flexiblen Kraftwerken, zu- und abschaltbaren Lasten & Energiespeichern.
Aber was interessiert das jemanden, der mit Zappelstrom-Diskreditierungen eine argumentative Überlebensgrundlage für dreckige Kohlekraftwerke und riskante Atomkraftwerke schaffen will?
Schaut man auf die Marktkapitalisierung der 10 weltgrößten Unternehmen, spielten bis ins Jahr 2011 die Ölmultis
ExxonMobil
Chevron
Petrobas
Shell
PetroChina
regelmäßig mit. Zwar mit stark variablen Kursen, aber immer weit oben im Ranking.
Beim Blick auf die Statistik 2020 (als Quelle habe ich die Global Top 100 von PWC genommen), tauchen diese Konzern inzwischen nur noch jenseits von Platz 40 auf. An dieser gewaltigen Verschiebung sind natürlich nicht nur die Tech-Größen Amazon, Apple, Microsoft, Alphabet, Alibaba und Facebook schuld, sondern Titel jeglicher Industrien. Je nach Sichtweise, ob es nun ein öffentliches oder Staatsunternehmen ist, hat zwar Saudi Aramco jetzt für kurze Zeit einen Platz in der Top3 erhalten – aber deren Situation ist auch besonders.
Wenn die Energiewende global ernst genommen wird, wird das Ölangebot (wie schon während Corona) die Nachfrage bei weitem übersteigen. Und das führt zwangsläufig zu sinkenden Preisen oder bei abgesprochenen Fördermengen zumindest zu sinkenden Umsätzen. In beiden Fällen reduziert das die Unternehmenswerte der Ölmultis. Und besonders betroffen davon sind alle Ölkonzerne mit hohen Förderkosten im Vergleich zu Saudi-Arabien. Den Gesetzen der Makroökonomie und der börsenbasierten Preisbildung folgend wird der globale Ölpreis sich dem Wert annähern, zu dem die (aufsteigend sortierten) Förderpreise noch der Nachfrage entsprechen. Und bei stark sinkender Nachfrage landet dieser langfristig bei den Förderkosten Saudi-Arabiens von 20 bis 30 US-$ pro Barrel.
Das Geschäft der Ölmultis besteht dann faktisch nur noch aus Raffinerien und Distribution, denn selbst fördern lohnt sich nicht mehr. Was das für deren Börsenwert bedeutet, mag sich jeder selbst ausmalen. Chevron ist übrigens bereits jetzt das letzte amerikanische Ölunternehmen, das im DowJones vertreten ist – Exxon ist nach 92 Jahren gerade rausgeflogen.
Wer sich umfassend und auf physikalischer statt ideologischer Grundlage zur Energiewende belesen möchte, dem sei das folgende Buch ans Herz gelegt:
ERNEUERBARE ENERGIEN OHNE HEISSE LUFT von Christian Holler und Joachim Gaukel.
Das e-Book als kindle-Version ist kostenfrei erhältlich
Die Besonderheit im Buch ist die nüchterne Analyse – typisch Physiker möchte man meinen. Was dem Buch aber fehlt, ist der visionäre Blick über die Gegenwart hinaus. Die Autoren können sich nicht so richtig vorstellen, wie schnell, umfassend und radikal die Umsetzung der Energiewende ausfallen kann und ausfallen wird, wenn sie aktiv umgesetzt wird.
EXKURS POLITIK
Verständlich wird diese fehlende Vision natürlich beim Blick auf die politische Realität:
Die CDU begreift sich als behutsamer Bewahrer der Verhältnisse und zeigt mit dem unsäglichen „Kohlekompromiss“ bereits die Schmerzgrenze ihrer Beweglichkeit (Jahr 2038).
Über die AfD müssen wir nicht sprechen, die wäre nicht mal zu dieser Minimalposition imstande gewesen.
Die SPD löst sich gerade vom Kohlekumpel und verspricht, wieder eine linke progressive Partei werden zu wollen – ich denke, die Rechnung ist noch ohne die Basis gemacht und es wird Jahre dauern.
Die Grünen sind naturgemäß für das Thema zu haben, aber dort muss noch viel mehr Ernsthaftigkeit in die Sache. Die Energiewende ist radikal, das hat man dort noch nicht verstanden. Es geht um hunderte Milliarden Euros, die gesetzlich neu geregelt, verteilt, verbaut und gestaltet werden müssen – mit Auswirkungen auf jedes Individuum; mit sozialen, ökonomischen und ökologischen Folgen.
Ausgerechnet die marktradikale FDP könnte ein großer Impulsgeber sein, indem sie aufgrund ihrer ablehnenden Haltung Subventionen gegenüber dem Dahinsiechen der konventionellen Kraftwerke und deren künstliche Beatmung mit Steuergeld eine schnelles Ende bereitet. Andererseits ist dort der Gestaltungswille nach dem Gusto „schlanker Staat“ auch nicht vorhanden, sodass die Selbstallokation des Marktes wieder einmal nicht funktionieren wird.
So bleiben im Buch die einzige Hoffnung, dass man den Primärenergieverbrauch im Wesentlichen auf Strom aus Erneuerbaren Energien umstellt und unter besten Umständen eine Pro-Kopf-Reduktion von ca. 125 kWh/Tag auf 95 kWh/Tag hinbekommen könnte.
Im Artikel „Was Sektorkopplung beim Primärenergieverbrauch bewirkt“ habe ich ein fiktives Zahlenspiel für kurz- und mittelfristige Anstrengungen unternommen und dort liegt man bereits bei unter 80 kWh/Tag und hat erst die Maßnahmen ergriffen, die technisch leicht umsetzbar wären. Bei einer vollständig auf EE beruhenden Energieversorgung in Kooperation mit anderen Ländern läge der Primärenergiebedarf (der dann fast ausschließlich aus Strom bestünde) vielleicht noch bei 60 kWh/Tag. Diese Größe ist sogar fast egal, da sie erneuerbar ist – gibt jedoch vor, wieviele Anlagen und Stromspeicher wir brauchen, um den Energiebedarf zu decken. Insofern hat sie eine wichtige ökologische Bedeutung für den Flächenverbrauch und die damit einhergehenden Umweltschäden.
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