Energiewende verstehen: OHNE HEISSE LUFT

Wer sich umfassend und auf physikalischer statt ideologischer Grundlage zur Energiewende belesen möchte, dem sei das folgende Buch ans Herz gelegt:

ERNEUERBARE ENERGIEN OHNE HEISSE LUFT von Christian Holler und Joachim Gaukel.

Das e-Book als kindle-Version ist kostenfrei erhältlich

Die Besonderheit im Buch ist die nüchterne Analyse – typisch Physiker möchte man meinen. Was dem Buch aber fehlt, ist der visionäre Blick über die Gegenwart hinaus. Die Autoren können sich nicht so richtig vorstellen, wie schnell, umfassend und radikal die Umsetzung der Energiewende ausfallen kann und ausfallen wird, wenn sie aktiv umgesetzt wird.

EXKURS POLITIK

Verständlich wird diese fehlende Vision natürlich beim Blick auf die politische Realität:

Die CDU begreift sich als behutsamer Bewahrer der Verhältnisse und zeigt mit dem unsäglichen „Kohlekompromiss“ bereits die Schmerzgrenze ihrer Beweglichkeit (Jahr 2038).

Über die AfD müssen wir nicht sprechen, die wäre nicht mal zu dieser Minimalposition imstande gewesen.

Die SPD löst sich gerade vom Kohlekumpel und verspricht, wieder eine linke progressive Partei werden zu wollen – ich denke, die Rechnung ist noch ohne die Basis gemacht und es wird Jahre dauern.

Die Grünen sind naturgemäß für das Thema zu haben, aber dort muss noch viel mehr Ernsthaftigkeit in die Sache. Die Energiewende ist radikal, das hat man dort noch nicht verstanden. Es geht um hunderte Milliarden Euros, die gesetzlich neu geregelt, verteilt, verbaut und gestaltet werden müssen – mit Auswirkungen auf jedes Individuum; mit sozialen, ökonomischen und ökologischen Folgen.

Ausgerechnet die marktradikale FDP könnte ein großer Impulsgeber sein, indem sie aufgrund ihrer ablehnenden Haltung Subventionen gegenüber dem Dahinsiechen der konventionellen Kraftwerke und deren künstliche Beatmung mit Steuergeld eine schnelles Ende bereitet. Andererseits ist dort der Gestaltungswille nach dem Gusto „schlanker Staat“ auch nicht vorhanden, sodass die Selbstallokation des Marktes wieder einmal nicht funktionieren wird.

So bleiben im Buch die einzige Hoffnung, dass man den Primärenergieverbrauch im Wesentlichen auf Strom aus Erneuerbaren Energien umstellt und unter besten Umständen eine Pro-Kopf-Reduktion von ca. 125 kWh/Tag auf 95 kWh/Tag hinbekommen könnte.

Im Artikel „Was Sektorkopplung beim Primärenergieverbrauch bewirkt“ habe ich ein fiktives Zahlenspiel für kurz- und mittelfristige Anstrengungen unternommen und dort liegt man bereits bei unter 80 kWh/Tag und hat erst die Maßnahmen ergriffen, die technisch leicht umsetzbar wären. Bei einer vollständig auf EE beruhenden Energieversorgung in Kooperation mit anderen Ländern läge der Primärenergiebedarf (der dann fast ausschließlich aus Strom bestünde) vielleicht noch bei 60 kWh/Tag. Diese Größe ist sogar fast egal, da sie erneuerbar ist – gibt jedoch vor, wieviele Anlagen und Stromspeicher wir brauchen, um den Energiebedarf zu decken. Insofern hat sie eine wichtige ökologische Bedeutung für den Flächenverbrauch und die damit einhergehenden Umweltschäden.

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